Irrsinn by Dean Koontz

Irrsinn by Dean Koontz

Autor:Dean Koontz [Koontz, Dean]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


36

Billy ließ den Wagen vor Harrys

Kanzlei stehen und ging zu Fuß zu einem

Elektronik

Shop ganz in der Nähe. Dort kaufte er

sich eine kompakte Videokamera und

einen Rekorder. Man konnte das Gerät

ganz normal verwenden, es jedoch auch

irgendwo

aufstellen

und

so

programmieren, dass es im Abstand

einiger Sekunden jeweils eine Aufnahme

machte.

War der Rekorder in dieser zweiten

Betriebsart mit der entsprechenden DVD

bestückt, so konnte das System eine ganze

Woche lang einen Raum überwachen, so

ähnlich wie die Kameras im Supermarkt.

Da es wegen des fehlenden Fensters

nicht ratsam war, wertvolle Dinge im

Auto zu lassen, bezahlte Billy die Geräte

zwar,

ließ

sie

jedoch

vorläufig

zurücklegen.

Anschließend machte er sich auf die

Suche nach einem Zeitungsautomaten. Vor

einer Apotheke fand er einen.

In der Titelgeschichte ging es um den

Fall Giselle Winslow. Die Lehrerin sei

am Dienstag in den frühen Morgenstunden

ermordet worden, die Leiche entdeckt

habe man allerdings erst am späten

Nachmittag.

Das

war

jetzt

etwa

vierundzwanzig Stunden her.

Das in der Zeitung abgedruckte Bild war

nicht das, welches Billy in dem Buch auf

Lanny Olsens Schoß gefunden hatte, doch

es waren Aufnahmen derselben attraktiven

Frau.

Die Zeitung unter dem Arm, marschierte

Billy zur Zentrale der öffentlichen

Bücherei. Einen Computer hatte er zwar

zu Hause, aber keinen Internetzugang

mehr; in der Bücherei gab es beides.

In der kleinen Computerecke war er

allein. Die anderen Benutzer saßen an den

Lesetischen oder durchforschten die

Regale. Womöglich lag die Zukunft von

Büchereien doch nicht in der Hinwendung

zu elektronischen Medien.

Als Billy noch Geschichten geschrieben

hatte, war das Internet eine wichtige

Informationsquelle für ihn gewesen.

Später hatte er es zur Ablenkung und zur

Flucht vor seinen Grübeleien benutzt. In

den letzten zwei Jahren hatte er dann

überhaupt nicht mehr gesurft.

Inzwischen

hatte

sich

allerhand

verändert.

Die

Seiten

bauten

sich

schneller auf. Auch die Suche ging

schneller und leichter.

Billy tippte mehrere Suchbegriffe ein.

Als kein Treffer kam, ersetzte er ein Wort

und dann noch eines.

Das Alter, ab dem man legal Alkohol

kaufen konnte, hing vom jeweiligen

Bundesstaat ab. In vielen Fällen hätte

Steve Zillis erst mit einundzwanzig hinter

dem Tresen stehen dürfen, weshalb Billy

das Wort Barkeeper löschte.

Steve arbeitete erst fünf Monate in der

Kneipe. Ihre Lebensläufe ausgetauscht

hatten er und Billy bisher noch nicht.

Immerhin erinnerte Billy sich undeutlich

daran, dass Steve aufs College gegangen

war. Wo, wusste er nicht mehr. Er schrieb

Student ins Suchkästchen.

Vielleicht war das Wort Mord schon zu

spezifisch. Billy ersetzte es mit

Gewaltverbrechen.

Nun erhielt er einen Treffer. Der Link

verwies auf die Denver Post.

Der betreffende Artikel lag fünf Jahre

und acht Monate zurück. Billy fand ihn

recht aufschlussreich, auch wenn er sich

ermahnte, nicht mehr in seine Entdeckung

hineinzulesen, als sie tatsächlich enthielt.

Im November des besagten Jahres war in

Denver eine achtzehnjährige Studentin

namens Judith Sarah Kesselman, die in

einem Wohnheim der Universität von

Colorado lebte, als vermisst gemeldet

worden. Anfangs hatte es keine Hinweise

auf ein Gewaltverbrechen gegeben.

In dem offenbar ersten Zeitungsartikel

über die Vermisste wurde einer ihrer

Kommilitonen

zitiert:

Steven

Zillis,

neunzehn Jahre alt. Laut seinen Worten

war Judith »ein toller Mensch« gewesen,

»einfühlsam und engagiert, mit jedermann

befreundet«. Er sei besorgt, denn: »Judi

ist zu verantwortungsvoll, um einfach ein

paar

Tage

zu

verschwinden,

ohne

jemandem etwas davon zu erzählen.«

Eine Suche nach dem Namen Judith

Sarah

Kesselman

ergab

massenhaft

Treffer. Billy wappnete sich für die

Entdeckung, dass ihre Leiche ohne Gesicht

aufgefunden worden war.

Er machte sich daran, die einzelnen

Artikel durchzulesen. Erst tat er das

gründlich, aber als die Informationen sich

wiederholten, überflog er die Texte nur

noch.

In vielen Fällen wurden Freunde,

Familienangehörige und Dozenten von

Judith Kesselman zitiert. Steve Zillis

hingegen wurde nicht wieder erwähnt.

Aus dem vorhandenen Material wurde

deutlich, dass man keine Spur von Judith

gefunden hatte. Sie war so vollständig

verschwunden, als wäre sie aus diesem

Universum in ein anderes übergewechselt.

Bis in die Weihnachtszeit hinein nahm

die

Häufigkeit

der

Berichterstattung

allmählich ab.



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